Unternehmen sind voll von (subtilen) Hinweisen, wie Mitarbeitende sich zu verhalten haben. Gleichzeitig wünschen wir uns mitdenkende Kolleg/innen, die selbst entscheiden, was das „Richtige“ ist. Wie passen diese Welten zusammen?
Ein Schild, wie es in vielen Firmen hängt. Es ist fast schon Standard und mal lustiger, mal seriöser formuliert. Gerne auch noch mit einem Bild versehen.
Natürlich geht es um die Arbeitssicherheit, um Unfallvermeidung. Wenn ich allerdings zur Mittagszeit nur wenige Minuten in einem beliebigen Unternehmen im Treppenhaus stehe, finden sich maximal 1-2 Personen, die wirklich den Handlauf nutzen. Das sähe vermutlich auch sehr lustig aus, wenn Gruppen, die zum Essen gehen, alle hintereinander am Handlauf entlang gehen würden. Da erstirbt jedes Gespräch.
Uns ist vermutlich allen klar: Wenn wir auf der Treppe stolpern, tut es im günstigsten Falle nur kurz weh. Dennoch wählen wir den Weg in der Mitte der Treppe.
Diese Schilder sind in guter Absicht aufgehängt worden. Davon gehe ich jetzt einmal aus. Oder ist es so, dass die Unternehmen sich damit nur absichern? Sicherlich nicht…
Ich frage mich aber schon, welches Bild von den Mitarbeitenden dahintersteht. Wird ihnen nicht zugetraut, dass sie selbst wissen, was gut für sie ist? Braucht es in der Wahrnehmung eine Aufforderung wie bei kleinen Kindern, sich abzusichern? Was vermittelt das eigentlich genau? Ist es da nicht nur konsequent, diesen Hinweis zu ignorieren?
Das bringt mich zu der Frage, wie wir im Change Management arbeiten. Welche Annahmen haben wir bezüglich derer, die wir „mitnehmen“ wollen im Veränderungsprozess? Weshalb werden auch hier so viele (in guter Absicht) erstellten Unterlagen und Formate ignoriert? Hat es vielleicht auch damit zu tun, dass wir versuchen, andere Menschen zu bevormunden?
Überall wird der Ruf laut, Mitarbeitenden mehr Verantwortung zu geben. Selbst entscheiden zu lassen und bitteschön nicht immer die Führungskraft für Lappalien zu fragen. Gleichzeitig bereiten wir den gesamten Change Prozess in winzige Häppchen auf und servieren ihn möglichst interpretationsfrei und mundgerecht. Glaube wir wirklich, dass das notwendig ist?
Ist es nicht vielmehr an der Zeit, Mut zur Lücke zu beweisen und alle Mitarbeitende auch ganz aktiv die Veränderung gestalten zu lassen statt sie ihnen „vorzukauen“? Immer wieder bin ich in Beratungsprozessen, in denen Letzteres fast automatisch passiert. Ein Reflex. Nicht in böser Absicht aber erlernt durch „das machen wir hier so“.
Hier braucht es m.E. immer wieder einen Spiegel, der noch einmal kritisch hinterfragt: „Machen wir eigentlich die richtigen Dinge?“ (statt „Machen wir die Dinge richtig?“). Vielleicht hilft es auch, sich selbst noch einmal zu fragen, wie das auf einen persönlich wirken würde. Manchmal ist weniger eben mehr.